Herzlichen Glückwunsch, Herr Prof. Rutkowski!

Ein Bericht von Daniela Nerlich über eine kurze Reise

Es ist Sonnabend, der 12. Oktober 2019. Um 7.00 Uhr fährt unser Zug. Wir folgen einer in polnischer Sprache abgefassten Einladung. Prof. Rutkowski gibt ein Konzert in Posen. Der Einladende ist der Hauptunterstützer unserer Chopin-Gesellschaft. Mein Mann und ich freuen uns auch darauf, Posen, die Geburtsstadt seines Vaters, kennenzulernen.

Der Weg zum Hotel, das uns für eine Nacht aufnehmen wird, gestaltet sich wegen unserer Ortsunkenntnis länger. Wir staunen über die Schönheit der Gebäude, die wir passieren. Nach einer Stärkung im Hotel, machen wir uns konzertfein und brechen frühzeitig zur Musikakademie auf. Vor der Akademie steht eine Bronzestatue Paderewskis, des weltweit bekannten und populären Pianisten, Komponisten und Politikers. Er war so beliebt, dass er einen Stern auf Hollywoods „Walk of Fame“ erhielt.


Wir betreten den Konzertsaal der Akademie. Auf der Bühne stehen zwei Flügel ein moderner Steinway und ein historischer Bösendorfer. Prof. Rutkowski stellt uns seine Eltern und seine Schwester nebst Ehemann vor. Wir sitzen in der 2. Reihe. Die 1. Reihe füllt sich mit offensichtlich bedeutenden Honoratioren nebst Begleitung. Prof. Rutkowski kommt zu uns, um den Ablauf der Veranstaltung zu erklären. Erst jetzt verstehen wir, worum es eigentlich geht.

Ein durch das Programm führender, eindrucksvoller Schauspieler verliest Namen. Die Angesprochenen erheben sich. Plötzlich hören wir Chopin-Gesellschaft Hamburg und Sachsenwald und stehen etwas überrascht auf. Nun folgt Rede auf Rede. Wie wir später erfahren, sind die Redner bedeutende Herrschaften aus Musik, Kultur und Politik und natürlich auch die Rektorin der Musikakademie. Wir verstehen nichts, da nur polnisch gesprochen wird, hören aber dennoch gebannt zu.


Dann kommt Licht ins Dunkel. Die Reden waren das Entrée für die nachfolgenden Handlungen. Der polnische Botschafter, aus Berlin angereist, heftet Hubert die Gloria-Artis-Medaille für kulturelle Verdienste in Bronze ans Revers. Es ist der höchste polnische Kulturpreis für Verdienste um die polnische Kultur. Wir sind immer noch baff. Gut verheimlicht. Der so Gekürte hält auch eine ziemlich lange Rede, die wohl sehr launig ist, denn es wird zum ersten Mal gelacht.

Die Rektorin der Musikakademie wird auf die Bühne gebeten und Hubert Rutkowski überreicht ihr ein Dokument, welches die Übergabe des historischen Bösendorfer-Flügels (1882) von Leschetizky (er hat darauf Ignacy Jan Paderewski, Artur Schnabel, Elly Ney, Ignaz Friedmann und viele andere Schüler in Wien unterrichtet) an die Hochschule beurkundet. Danach gibt es noch ein paar Reden, bis fast die gesamte erste Reihe zu Wort gekommen ist. Plötzlich beschleicht mich das Gefühl, auch etwas sagen zu müssen. Prof. Rutkowski hätte uns vorgewarnt. Für alle Fälle komme ich ein wenig unruhig ins Nachdenken.


Da beginnt das Musikprogramm. Ein Herr wird von einem jungen Pianisten am Steinway-Flügel begleitet und singt mit sehr wohltönendem Bariton drei Lieder von Paderewski. Danach kommt Hubert Rutkowski auf die Bühne und spielt auf dem historischen Bösendorfer fast eine Stunde lang ein faszinierendes Programm, das mit Werken von Leschetizky und Paderewski beginnt und mit dem Andante spianato et Grand Polonaise Brillante von Chopin endet. Alle springen auf, es gibt langanhaltenden Applaus und stehende Ovationen für Hubert Rutkowski. Für die letzte Zugabe geht er zum modernen Steinway und wiederholt lächelnd ein zuvor auf dem Bösendorfer gespieltes Stück.

Ein gekürter Schelm. Anschließend beim Empfang gibt es Snacks bei einem Umtrunk und wir schütteln viele Hände. Initiiert und unterstützt hat diese sehr schöne Veranstaltung auch ORLEN Deutschland. Der Tag endet mit einem Abendessen draußen auf dem wunderschönen, nächtlich beleuchteten alten Marktplatz von Posen in Begleitung von Prof. Rutkowski. Danach und zwei Cocktails später sinken wir, in unsere Hotelbetten.

Am darauffolgenden Tag geht unser Zug erst um 15.30 Uhr. Wir nutzen die Zeit bis dahin, Posen an einem warmen, sonnigen Herbsttag kennen zu lernen. Wir sind begeistert von der Lebendigkeit und Schönheit dieser Stadt, welche erfüllt ist von Kultur. Sie ist eine Reise wert, vielleicht auch für uns, die Chopin-Gesellschaft?